Supermarkt und Turnhalle ärgern Emster

Emst. (bau/mal) Die Emster, da musste man nicht lange fragen, mögen ihren Stadtteil: Das viele Grün im Viertel, den Fritz-Steinhoff-Park, den neuen Spiel- und Sportpark und die kleine, aber feine Einzelhandelsstruktur. Kritik gab es am Stand der Rollenden Rundschau nur bei zwei Themen: Sporthalle und Supermarkt auf der Pferdekoppel.

" Man sollte den neuen Supermarkt gar nicht weiter in Angriff nehmen", meinte Friedhelm Koj (66) von der Monschauer Straße, der daher übrigens nicht genau weiß, ob er Eppenhauser oder Emster ist. Den Rewe, einen Einzelhändler im Ladenhof und auch einen Aldi gebe es in der Nähe. Die kleinen Läden knappsten auch so schon, und mit einem neuen Einkaufszentrum gehe auch ein Stück sozialer Kontakt gerade für ältere oder allein erziehende Mitbürger verloren. "Hier auf dem Markt und in den kleinen Läden kommt man noch ins Gespräch", so Koj, eine Eigenschaft, die schon weitgehend verloren gegangen sei.

"Alle Baulücken hier auf Emst noch auszunutzen, ist nicht schön", schließt sich Susanne Haverkamp aus Ambrock an, die mit ihrem Töchterchen Helen ihre Schwiegereltern hier häufig besucht. Auch in Sachen Sporthalle solle man lieber an die Nachhaltigkeit denken und sanieren, statt neu zu bauen. Ein Lob gab´s für das ganzjährige Spiel- und Freizeitangebot auf Emst: "Das finde ich als Mutter mit Kind sehr schön."

Ihre Schwiegermutter Kunigunde Haverkamp ärgern die Häuflein im Park: "Die Hundebesitzer in Alt-Emst halten sich nicht an die Regeln." Selbst auf Spielplätzen hinterließen die Vierbeiner ihre Duftmarken: "Und eins, zwei, drei fassen die Kinder da rein." Selbst eine öffentliche Aktion dagegen im Fritz-Steinhoff-Park habe bislang nichts daran geändert.

Extra aus Dahl kommt Martina Müller donnerstags mit Julia und Maximilian zum Markt: "Fisch kaufe ich immer in Emst." Vor elf Jahren ist sie aus Erlangen nach Hagen gezogen. "Na ja, eigentlich ist Hagen etwas langweilig, aber wir gehen oft in den schönen Wäldern in Dahl spazieren oder fahren nach Hohenlimburg."

Zugezogen ist auch Karl Stüdemann vor 33 Jahren aus Mecklenburg und hat seine Frau Hannelore in Hagen kennen gelernt. Die beiden fühlen sich pudelwohl auf Emst und nehmen häufig die Enkeltöchter Inga (8) udn Svenja (4) zu sich: "Ohne Großeltern geht es nicht."

Ur-Emster ist Hans-Gerd Hallermann (70). "Er wohnt noch in seinem Elternhaus", lachte seine Ehefrau Erika (66). Emst habe sich nicht nur positiv verändert, findet er: "Es ist zu viel gebaut worden." Wenn aber der Neubau günstiger als die Sanierung der Sporthalle ist, dann solle man das auch machen: "Die Turnhalle ist wichtiger als das Schumacher-Museum."

Besser wohnen ohne Neubauten - auch SPD-Urgestein Friedrich Schwiderek hat da einen Vorschlag: "Wenn die kleinen Mietwohnungen ohne Wohnberechtigungsscheine zu mieten wären, würden viele ältere Paare oder Alleinstehende aus ihren Häusern ziehen und sich kleiner setzen." Da dies jedoch für die meisten nicht möglich sei, da sie Fehlbeleger wären, blieben die alten Leute in ihren großen Häusern und viele Familien in den zu kleinen Mietwohnungen.

"Die Fehlbelegerabgabe muss weg", stimmt ihm sein Freund Siegfried Fichtel zu. Einen neuen Verbrauchermarkt brauche Emst jedoch nicht.

Reinhard Bühren fasst beide Themen zusammen: "Die Fläche sollte bebaut werden, aber nicht mit einem Supermarkt, sondern mit einem Alten- und Pflegeheim. Dann könnten die älteren Emster in ihrer gewohnten Umgebung bleiben." Skeptisch blickt er auf die Begleitumstände des BG-Turniers. "Feiern und Sport ja", sagt er "aber das Zuparken der Privatgrundstücke" müsse ja wohl nicht sein, ebenso wie das verrichten der Notdurft in andrerleuts Vorgärten.

Ein ähnlich unappetitliches Problem spricht Helmut Thiel an. "Ich bin Jäger und habe zwei Hunde", schickt er voraus, "aber dass die Leute ihre Hunde da hinmachen lassen, wo Kinder spielen, finde ich unerträglich." Jeder, der einen Hund habe, sei nach seiner Meinung nach verpflichtet, dem Tier das beizubringen: "Ein Hund ist kein Spielzeug", so der Emster.

Herbert Böcker rechnet vor: 40 % der 11 200 Emster sind älter als 60 Jahre. "Und nun wird die einzige Altentagesstätte, die der AWo, zum Jahresende gekündigt." Dies könne doch nicht sein. "Wir brauchen ein regelmäßiges, am besten tägliches Angebot für Senioren." Wir sehr Emst altert, macht er an diesem Beispiel deutlich: "Wir hatten hier die größte Grundschule in NRW. Heute ist sie noch gerademal zweizügig."

Winfried Arend nennt noch einen Grund gegen ein neues Einkaufscenter: "Schon jetzt ist auf der Karl Ernst Osthaus-Straße Verkehr wie auf einer Bundesstraße. Das würde noch weiter zunehmen.

Gar nicht begeistert wären auch die Markthändler auf Emst, falls weitere Konkurrenz hinzukäme. Der Markt ist einer der wenigen, der fast nur Frischwaren anbieten.

"Der Markt ist in den Ferien sehr ruhig", sagt Ahmed Mouraiet, der mit seinem Kollegen Merdan Keklik türkische Spezialitäten anbietet, "aber die Kaufkraft ist gut."

Ursula Stelzmann, Markthändlerin aus Helfe, wünschte sich mehr Laufkundschaft an ihrem Stand mit frischem Obst und Gemüse: "Unsere Ware ist genauso billig wie im Supermarkt und viel frischer." Die Vorstellung, dass eine Tomate erst von zig Leuten angefasst wird, bevor sie tatsächlich ein Kunde mitnimmt, findet sie furchtbar.

Westfälische Rundschau,
27.08.2004