"Wo ist Variante 4 ?" - Neue Sporthalle statt Supermarkt

Die Emster wollen keinen Supermarkt. Sie wollen eine neue Turnhalle. Und das machten sie am Dienstag mit Vehemenz klar.

Keine leichte Aufgabe für Jürgen Schädel vom Planungsamt, der die von der Bezirksvertretung Mitte angestoßene Bürgerinformation zu leiten hatte. Die Ablehnung für seine drei Entwürfe war so groß, dass er zeitweise Probleme hatte, die Veranstaltung überhaupt in geregelte Bahnen zu lenken. Sein Chef und Urheber des Gedankens, Baudezernent Thomas Grothe, war an diesem Abend nicht zugegen. Er feierte seinen 50. Geburtstag.

Keinen Grund zum Feiern sahen die Emster angesichts der Pläne, die vorne an der Wand hingen. Variante 1: Neubau des Vollsortimenters an der Karl-Ernst-Osthaus-Straße im Bereich des heutigen Marktes, Bau einer Sporthalle auf der Pferdewiese nördlich des Marktes. Der Wochenmarkt bleibt - mit 2500 statt 4300 Quadratmetern - westlich des Neubaus auf dem Marktplatz. Variante 2: Neubau oder Sanierung der Sporthalle am heutigen Standort südlich der Karl-Ernst-Osthaus-Straße, Neubau des Vollsortimenters auf der Pferdewiese. Der Wochenmarkt bleibt, wo er ist. Variante 3: Neubau des Supermarktes auf dem Marktplatz, Neubau der Sporthalle auf der Pferdewiese, Verlagerung des Wochenmarktes zum heutigen Standort der Sporthalle.

Mit Zahlen, Prognosen und Vergleichen mit anderen Standorten versuchten die Vertreter des Planungsamtes die Bürger von der Notwendigkeit einer Vollsortimenter-Standortes zu überzeugen. Völlig vergeblich. "Wo ist Variante 4?", hieß es mehrfach aus dem Publikum, "die Sporthalle wird neu gebaut und der Supermarkt bleibt weg."

Schädel verwies darauf, dass die bestehenden Läden mit ihrer Fläche von weniger als 300 Quadratmetern trotz der in Emst sehr gut gewachsenen Strukturen mittelfristig nicht überlebensfähig wären. Dies zeigten Entwicklungen in anderen Bereichen, ja sogar bundesweit. Er machte deutlich, dass ohne Neuplanung die Emster unter Umständen auf einmal ganz ohne Nahversorgung da stünden. Egal was er sagte, die Emster wollten den Markt nicht. Das Maximum an Zustimmung, das einige zugestanden war, dass eine Reserveplanung für den Fall der Schließung der bestehenden Geschäfte gemacht werden könnte. Den Standort für einen neuen Supermarkt wünschten sich die meisten dann aber eher im Bereich der Haßleyer Straße, als auf dem Marktplatz.

Viele erinnerten daran, dass mehr Verkehr nicht nur die Anwohner belästige, sondern auch die Kinder der beiden benachbarten Schulen gefährde. Die vorgeschlagene Erschließung des Bereiches erschien ihnen völlig unzureichend und der Versuch des Neubaus eines so großen Marktes - der immerhin mehr Fläche haben würde als die bestehenden Märkte zusammen - als Todesstoß für die gewachsenen Strukturen. Auch das Argument, gerade für die auf Emst überdurchschnittlich alte Bevölkerung müsse eine "fußläufige Nahversorgung" langfristig gesichert werden, zog nicht. Mehrere Senioren machten klar: Sie wollen ihre vertrauten Geschäfte behalten und mehrere auf Emst verteilte Läden wären ihnen weitaus lieber als ein zentraler großer.

Die Politik, mit Brigitte Kramps und Dr. Hans-Dieter Fischer als Bürgermeister, Bezirksvorsteher Jürgen Glaeser, und Sprechern aller Ratsfraktionen sowie von Hagen Aktiv und der PDS an diesem Abend stark vertreten, verstand die Botschaft. Ohnehin war der Anstoß zu dieser Planung nicht aus ihren Reihen gekommen, ja, er hatte die Fraktionen sogar völlig überrascht. Bezirksvorsteher Jürgen Glaeser fasste zusammen: "Mein Eindruck ist, Sie wollen es nicht." Dr. Fischer, zugleich auch Vorsitzender des Sportausschusses, versprach für die Turnhalle, nicht nur die ohnehin für 1,5 Millionen E geplante Sanierung zu realisieren, sondern mindestens auch für eine Modernisierung zu kämpfen. "Und wenn wir modernisieren, dann müssen wir doch auch über einen Neubau nachdenken." Die Entscheidung würde noch vor der Sommerpause fallen. Eine Bürgerinitiative hatte bereits vor Monaten eine Planung vorgelegt, wie ein Neubau einer weit größeren Halle für unter zwei Millionen E umzusetzen wäre.

Jörg Meier, stellvertretender Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, verkündete unter Beifall der Versammlung, einen von allen Fraktionen getragenen Antrag in den Ausschuss und die Bezirksvertretung Mitte einzubringen, der den Bau eines Vollsortimenters nicht vorsieht, dafür aber Modernisierung oder Neubau der Turnhalle.

Hinweis: Dezernent Grothe wird am 9. Februar, 19.30 Uhr, im AWo-Heim, den Stand der Planung zu Neubau oder Renovierung darstellen.

Von Christoph Bauer
Westfälische Rundschau
20.01.2005